Über eine kritische Auseinandersetzung mit dem Fremdenverkehr, wahre Kulturrevolutionäre, Theater für Klein und Groß und einen Club der niemals aufhören möchte zu tanzen – east west’s week review #87

Liebe Mitglieder, warum die Miene bei unseren Gästen Gabi Strohmer, Moderator Markus Lobis und Bürgermeister Paul Rösch am vergangenen Montag beim letzten ost west Zigori Club des Jahres auch das ein oder andere Mal ein wenig ernster wurde, erzählen wir euch u.a. bei der 87. Ausgabe des east west week review und auf den folgenden Zeilen.

Bereits am vergangenen Montag haben wir die Clubwoche gestartet und gleich mit einem Abend aufgewartet, der schon im Vorfeld für riesiges Interesse bei unseren Mitgliedern gesorgt hat. So hatten sich auch deutlich mehr als 100 Menschen auf den Weg in den Club gemacht, um die letzte Ausgabe des ost west Zigori Clubs im Jahr 2018 nicht zu verpassen. Wir haben über ein Thema gesprochen, das gerade in Meran ein viel diskutiertes ist und vielen Menschen unter den Nägeln zu brennen scheint. Der Titel lautete: „Overtourism – 365 Hochsaison, wann hat Meran genung?“. Zu Gast hatte Moderator Markus Lobis dieses Mal die verantwortliche Stadträtin für Wirtschaft und Tourismus Gabriele Strohmer und Bürgermeister Paul Rösch. Zu Beginn wurden unsere Gäste ein wenig zur historischen Tradition des Tourismus in der Passerstadt befragt und gerade Rösch konnte als ehemaliger Tourismushistoriker zu diesem Thema so einige interessante Daten und Fakten erzählen. Anschließend wurde vor allem das Verkehrsproblem von den beiden verantwortlichen Politiker*innen aufgegriffen. Sowohl Strohmer, als auch Rösch erklärten, dass die massiven Verkehrsstaus unter denen Meran immer wieder zu leiden hat, vor allem den umliegenden Dörfern Dorf Tirol, Hafling und Schenna oder den Seitentälern wie dem Passeiertal zu verdanken seien. Dort wurde vor allem in den vergangenen 15 Jahren ohne Sinn und Verstand ein Megahotel nach dem anderen gebaut und nun habe das gesamte Burggrafenamt, aber eben vor allem die Stadt Meran unter diesem verstärkten Verkehrsaufkommen zu leiden. Insgesamt gaben die Stadträtin und der Bürgermeister aber zu verstehen, dass Meran mehr oder weniger vom Tourismus nur profitieren würde und, dass es laut ihnen eine große Akzeptanz von Seiten der Bevölkerung geben würde. Als dann mehrere kritische Statements aus dem Publikum vor allem zum Thema Verkehr oder Müll, der hauptsächlich von den Touristen verursacht würde, kamen, oder als gesagt wurde, dass Meran über keine eigene Identität außer dem Tourismus verfügen würde und sozusagen immer mehr zu einer Art Kulisse verkommen würde, war dieses Bild auch von Rösch und Strohmer nicht mehr aufrecht zu halten. Da aber auch einige Gäste aus Verbänden wie dem HGV oder Hoteliers aus Meran gekommen waren, die ihre Arbeit natürlich weiterhin von den zuständigen Politiker*innen unterstützt wissen wollen, entstand der Eindruck, dass es im Hinblick auf das Thema Tourismus mittlerweile zwei Lager in der Passerstadt gibt. Wer die Wortmeldungen und Statements nochmal im Detail hören möchte, kann hier übrigens auf Facebook den gesamten Zigori Club in voller Länge nachsehen. Wir bedanken uns bei unseren Gästen, Moderator Markus Lobis und bei unserem zahlreich erschienenen Publikum für eine interessante Diskussion.

Am Dienstag haben wir dann die letzte Ausstellung des Jahres im Club eröffnet. Unsere Kunstgruppe Skraus-Cube hatte dieses Mal eine überaus besondere Vernissage organisiert, bei der wir einige der bekanntesten Südtiroler Künstler in einer gemeinsamen Ausstellung zusammengebracht haben. Unter dem Titel „1968 – 50 Jahre danach – 50 anni dopo“ haben die Künstler Jakob De Chirico, Egon Moroder Rusina, Peter Kaser, Manfred Mureda, Leander Piazza, Franz Pichler, Georg Prugger einige ihrer Werke bei uns präsentiert. Das Besondere daran: Einige Bilder sind teilweise vor vielen Jahrzehnten entstanden, haben aber niemals an Aktualität verloren. Bei der Vernissage waren bis auf Mureda alle Aussteller anwesend und haben uns dann einige wirklich besondere Anekdoten und Geschichten aus ihrer künstlerischen Vergangenheit erzählt. Dabei haben sie uns geschildert, wie die Kunstszene vor allem in den 70er und 80er Jahren in Südtirol organisiert war. Weil sie mit ihrer Kunst allesamt gesellschaftliche Missstände in Südtirol angeprangert haben, waren sie lange Zeit in vielen Kreisen unseres Landes verpönt und erhielten keine Möglichkeit ihre Werke in Museen oder Galerien auszustellen. Was zur Folge hatte, dass die Grödner und Meraner letztlich sogar eine Ausstellung in den öffentlichen Toiletten der Landeshauptstadt organisiert haben. Für De Chirico, Pichler, Rusina und Co. war Kunst schon immer ein politischer Akt, ohne einen politischen Hintergrund macht Kunst, laut ihnen keinen Sinn. Da alles politisch sei, müsse natürlich auch die Kunst bei gesellschaftlichen Problematiken den Finger in die Wunde legen und diese aufzeigen. Die Vernissage war ein überaus wichtiger Abend für uns, weil sie einmal mehr bewiesen hat, dass der Club weiterhin ein Ort ist, an dem man sich kritisch mit den Missständen und der politischen Lage Südtirols auseinandersetzt. Gerade die Tatsache, dass diese Herren sich in einer schwierigen Zeit gegen das verkrustete und sehr konservative System in unserem Land aufgelehnt haben, nötigt uns größten Respekt ab. Die Künstler, die sich vor 40-50 Jahren einen mehr oder weniger einsamen Kampf für eine offene Gesellschaft ausgefochten haben, haben einen großen Anteil daran, dass es zumindest in bestimmten Bevölkerungsteilen Menschen gibt, die sich dauerhaft für ein gemensames Zusammenleben der Sprachgruppen einsetzen und nicht müde werden bestimmte Missstände in anderen Verbänden und Vereinen anzusprechen, ist aller Ehren wert. Die Grödner und Meraner Künstler sollten den Menschen in diesem Land als Vorbilder dienen und ihre Kunst hätte es verdient viel mehr Beachtung und Anerkennung zu erfahren. Es ehrt uns sehr, dass diese großartigen Maler und Künstler für nun fast zwei Monate ihre Werke zur Verfügung stellen. Ihr habt noch bis Ende Jänner Gelegenheit die Ausstellung zu unserern Öffnungszeiten aus nächster Nähe zu erleben. Im Anhang findet ihr zudem einige tolle Fotos von Laura Zindaco, von der Vernissage.
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Dass im ost west club Ideen sprießen und gedeihen können, hat am vergangenen Donnerstag das Treffen bzw. der Workshop mit der Theatergruppe ThEATROstwest wieder bewiesen. Ein neues Projekt wurde geboren mit dem Titel „Alle im Wunderland“. Ganz in der Tradition der hauseigenen Theatergruppe alte Kinderbuchklassiker neu, skurril und mit viel Humor zu bearbeiten (man denke an den Struwwelpeter: back to the future), steht für dieses Projekt der allseitsbekannte Klassiker „Alice im Wunderland“ im Zentrum. Zwei Stunden diskutierten die alten und neuen Mitglieder, lachten, spinnten Ideen und die Kreativität nahm kein Ende. So wurde ein Bühnenbild gefunden, Rollen definiert, Bilder geschaffen. Neben Ventilatoren, Playboyhäschen, Regenschirmen, Störeffekten und Teeparties uvm. wird auch ein Gastauftritt (geheim, geheim!) zu sehen sein. Ihr dürft gespannt sein, welches Wunderland bis Mai erblühen wird!

Am Freitag hatten wir dann nach mehr als drei Jahren wieder eine Band bei uns zu Gast, bei der man sich schon Vorab sicher sein kann, dass die Stimmung überragend sein wird. Und auch dieses Mal haben uns Jack Freezone & The Swinin’Ciccioli nicht enttäuscht. Auch wenn die Truppe um Jack ein klein wenig zu spät zum Soundcheck aufgetaucht ist, durften wir danach ein Konzert erleben, das unser Publikum rund zwei Stunden lang zum Tanzen brachte. Neben eigenen Stücken haben die Bozner auch allerlei Kultsongs aus Swing, und Blues gespielt. Vor allem unsere Lindy Hop Gruppe von Swing On Südtirol war zahlreich erschienen und füllte unseren Konzertraum dann mit einer Stimmung, die sich schnell auch auf alle anderen Besucher*innen übertrug. Die Tanzpärchen führten sich gegenseitig zu den unterschiedlichen Songs über die Tanzfläche und wohin man auch blickte, war die Begeisterung über die Musik, die dem Auditorium von der Bühne aus zuflatterte, mit den Händen zu greifen. Jack Freezone & The Swinin’Ciccioli  haben das Talent wie kaum eine andere Band in diesem Land ihr Publikum miteinzubeziehen und mitzureißen. Die vier Jungs auf unserer kleinen Holzbühne scheinen immer guter Dinge zu sein und auch wenn sich das Publikum für kurze Zeit kleine Pausen gönnt, werden Jack und Co. nie müde, ihren Sound unter die Menschen zu bringen. Im Anhang findet ihr einige tolle Fotos vom Konzert.
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Am Samstag Nachmittag verzauberten die kleine Eva und Gudrun die kleinsten im Club. Mit begeisterten Augen saßen nicht nur Kinder sondern auch ihre Eltern im Club und lauschten der Weihnachtsgeschichte „Der kleine Zimtstern“. Die vorlaute Puppe Eva, mit ihrem großen Ego brachte nicht nur die kleinen Besucher zum Lachen, sondern auch die Eltern. Eva ist laut, drängt sich in den Vordergrund und trotzdem erlagen alle ihrem Charme. Die Bauchrednerin Gudrun schaffte mit Bravour die Illusion und die Puppe Eva wurde an diesem Nachmittag zum Leben erweckt. Auch nach der Aufführung gab es die Gelegenheit mit Eva zu quatschen und ihrem Zauber zu erliegen. So verließen die kleinen und großen Menschen vergnügt den Club. Es freut uns sehr, dass wir neben dem Calcetto Afternoon For Kids, auch immer wieder mehr oder weniger regelmäßig Kindertheater im Club anbieten können. Es ist für uns eine Herzensangelegenheit konsequent ein Programm anzubieten, das durchgehend generationenübergreifend ist und dabei auch Kulturveranstaltungen für die Allerkleinsten in unserer Gesellschaft zugänglich macht. Wir möchten uns deshalb natürlich bei unserem Publikum bedanken, aber vor allem auch bei Gudrun für ihren Auftritt und Stefanie Nagler für die Organisation dieses Theaternachmittags.

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Am Samstag Abend haben wir die Clubwoche dann mit einem Auftritt beschlossen, der sämtliche Erwartungen gesprengt hat. Nach ihrem großartigen Auftritt im Jahr 2017 haben wir das Vinschger Robotadub-Duo Wicked and Bonny wieder zu uns eingeladen und durften dann einen Abend erleben, der definitiv in die Geschichte des Clubs eingehen wird. Fast drei Stunden lang haben uns Maggu und Paul ein Dj-Set präsentiert, das mehr als 150 Mitglieder dazu motiviert hat in den Club zu kommen. Unser Calcetto-Raum wurde wieder einmal umfunktioniert und der Underground hielt wieder einmal Einzug in den ost west club. Wicked and Bonny haben uns neben viel guter Dub Musik, auch gar einige Reggae-Klassiker serviert und dafür gesorgt, dass über die gesamte Dauer ihres Auftritt die Menge in unserem kleinen Raucherraum immer in Bewegung blieb. Das Vinschger Duo hatte sich zudem musikalische Verstärkung von G-King und Lookino (Red Haze) an den Mics mitgebracht, die mit ihren Kurzauftritten immer wieder eine neue Note und viel Dynamik und Abwechslung in das Programm brachten. Es ist immer wieder beeindruckend zu sehen, wie sehr der Sound von Wicked and Bonny mittlerweile bei den Menschen anschlägt. Nicht umsonst tourt die Formation seit mehr als zwei Jahren regelmäßig durch halb Europa und spielt in größeren Konzertlocations. Die beiden Vinschger gehören damit zu den erfolgreichsten Exporten des Landes wenn es um Subkultur geht. Ein weiteres wichtiges Merkmal der beiden Vinschger Mair und Kofler ist es, dass sie sich bei ihren Konzertauftritten immer vehement für ein offenes und tolerantes Menschenbild einsetzen und mit ihren Statements ein deutliches Zeigen gegen Rassismus und Menschenhass setzen. All das nötigt uns großen Respekt ab und ist neben dem überragend guten Sound ein wichtiger Grund, warum wir versuchen diese Musiker immer und regelmäßig zumindest einmal im Jahr zu uns in den Club einzuladen. Wicked and Bonny gehören wie viele andere Musiker*innen zu engen Freunden unseres Kulturvereins und es macht uns sehr stolz, dass unser Vereinslokal immer wieder einer jener Orte sein darf, an dem sich Menschen treffen und zusammen feiern, welche eben für eine Art „aggressiven Humanismus“ stehen. An diesem Abend war auch sehr gut zu beobachten, wie sehr der Sound Jung und Alt zusammenbringt. Von ganz jungen Mädchen und Buben, welche noch nicht einmal volljährig sind bis hin zu Mitgliedern, die schon 50 Jahre und älter sind, tanzten alle friedlich nebeneinander und schienen großen Spaß an dem zu haben, was ihnen aus der Soundanlage entgegenwummerte. Und es war nicht nur das generationenübergreifende, das am Samstag im Club augescheinlich wurde, sondern es waren Menschen mit der unterschiedlichsten Herkunft, die große Freude an der Musik hatten. Wir bedanken uns deshalb bei Wicked and Bonny, Elena, Lookino, G-King, dem Publikum und allen anderen helfenden Händen und Mitwirkenden für einen unvergesslichen Abend.
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Abschließend möchten wir uns wie immer bei unseren Sponsoren Alperia, Pohl Immobilien/Gruppe Unterberger, Salon Habicher, unserem Medienpartner Die Antenne und den öffentlichen Institutionen der Provinz Bozen, dem Amt für deutsche und italienische Kultur, sowie dem Amt für deutsche und italienische Jugendarbeit und der Gemeinde Meran für die Unterstützung unseres Tätigkeitsprogramms bedanken.